Im Umfeld des Genfer Autosalons (5. bis zum 15. März) steht die weltweite Automobilindustrie relativ gut da. Die Branche wächst seit Jahren stetig, vor allem dank steigender Verkaufszahlen in den Wachstumsmärkten in China und Nordamerika. Davon profitieren vor allem die deutschen Autobauer, die steigende Umsätze verzeichnen.
„Einzig der russische Automobilmarkt leidet stark unter der dortigen geopolitischen Krise und schrumpft“, sagte Yann Lacroix, Ökonom und Branchenexperte Automobil der Euler Hermes Gruppe. „Bereits 2014 gingen Neuzulassungen um -10% zurück, für 2015 erwarten wir einen weiteren Rückgang um sogar -27%. Die Gründe liegen zum einen in der Rezession der russischen Wirtschaft sowie vor allem auch im starken Verfall des Rubels, der importierte Waren verteuert und die Kaufkraft der Bevölkerung schmälert. Die hohen Zinssätze im Land tragen zu dieser Situation ebenfalls bei. Viele Fabriken von Autobauern blieben bereits über mehrere Wochen geschlossen. Auch Brasilien tut sich aufgrund hoher Zinssätze bei Darlehen, einer stark steigenden Inflation und insgesamt schwierigen wirtschaftlichen Lage im Land schwer. Wir gehen bei den Neuzulassungen im dortigen Markt in 2015 deshalb von einer Stagnation aus nach einem Rückgang um -10% in 2014.“
Mit den Autobauern zählen auch die großen Automobilzulieferer zu den Gewinnern – allerdings vor allem die Zulieferer deutscher Autobauer mit einer globalen Ausrichtung. Die großen Zulieferer haben sich in den letzten Jahren stark internationalisiert, ihre Produktpalette ausgeweitet und verzeichnen dadurch durchweg gute operative Gewinnmargen.
„Die Sicherstellung einer globalen Lieferfähigkeit ist neben einer hohen Innovationskraft der Schlüssel zum Erfolg für Automobilzulieferer – nur so können sie dem hohen Kostendruck begegnen“, sagte Thomas Krings, Risikovorstand bei Euler Hermes Deutschland. „Sie haben kaum eine Wahl, wenn es darum geht, Autobauern in neue Märkte zu folgen. Verlagern diese die Produktion beispielsweise nach Asien, muss der Lieferant mit, wenn er von weiteren Aufträgen profitieren und damit Wachstum generieren will. Hohe Wachstumsraten sind in Europa dagegen langfristig nicht zu erwarten. Größere Unternehmen tun sich mit diesem Schritt oft leichter als sehr kleine Zulieferer, denen es zum Teil noch an Auslandserfahrung oder den notwendigen Strukturen fehlt.“
Gleichzeitig stehen die Zulieferer vor der Herausforderung, auch im Ausland eine entsprechend hohe Qualität ihrer Produkte sicherzustellen, was insbesondere durch hohe Stückzahlen ein Risiko ist. Schleicht sich ein Fehler ein, sind gegebenenfalls sogar zahlreiche Automodelle betroffen.
Zudem haben einige große Autobauer drastische Sparmaßnahmen angekündigt. Dies wirkt sich auf die gesamte Lieferkette aus und führt zu einem entsprechenden Margendruck bei den Zulieferfirmen. Zulieferer benötigen daher eine optimierte Kostenstruktur und innovative Produkte, um ihre Situation zu verbessern und zusätzlichen Konkurrenzdruck durch ausländische Anbieter zu vermeiden. Insbesondere e-Mobilität und Vernetzung spielen eine große Rolle bei den Innovationen für die Zukunft. Die erforderliche internationale Ausrichtung und Innovationskraft erfordern Investitionen und dies führt zu einem hohen Finanzbedarf bei den Zulieferern. Nur so können Zulieferer künftig bei den zunehmend globalen Ausschreibungen der OEM erfolgreich zu sein.
„An den hohen Innovations- und Kostendruck sind die deutschen Automobilzulieferer allerdings gewöhnt. Sie haben bisher gezeigt, dass sie damit umgehen können“, sagte Krings. „Auch bei der Finanzierung für neue Investitionen sehen wir sie ganz gut vorbereitet. Um hohe Entwicklungskosten bei neuen Technologien und komplexen technischen Herausforderungen zu sparen wie beispielsweise bei einem ‚vernetzten Auto‘ oder e-Mobilität, könnte es in der Zukunft aber auch vermehrt zu Kooperationen zwischen einzelnen Zulieferunternehmen kommen.“
Den Branchenreport von EulerHermes finden Sie HIER.