Die Geschäftserwartungen der bayerischen Unternehmer sind so niedrig wie seit sechs Jahren nicht mehr. Dies geht aus der Frühjahrs-Konjunkturumfrage des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages (BIHK) unter rund 3.900 Unternehmen im Freistaat hervor. Demnach verliert besonders die Industrie angesichts zunehmender globaler Risiken an Schwung. Der BIHK-Konjunkturindex liegt aktuell nur noch bei 124 Punkten und hat sich damit zum vierten Mal in Folge abgeschwächt. Seit dem letzten Höchststand Anfang 2018 hat der Index zwölf Punkte eingebüßt. Das ist der deutlichste Stimmungsknick in der bayerischen Wirtschaft seit der Eurokrise der Jahre 2011 und 2012. Dennoch liegt der Konjunkturindex weiter wesentlich über seinem langjährigen Durchschnitt.
Wachstum weiter in Sicht – aber in kleineren Schritten
Die Geschäftserwartungen der bayerischen Unternehmen für die kommenden zwölf Monate sind ebenfalls auf den niedrigsten Stand seit Jahren gesunken. Der Saldo aller Branchen aus den Anteilen optimistischer und pessimistischer Rückmeldungen liegt bei 7 Punkten – ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Vorjahreswert von 20 Punkten. Der positive Saldo deutet jedoch auf weiteres Wachstum der Wirtschaft hin. „Damit stehen die Zeichen weiter auf Wachstum, wenn auch in deutlich kleineren Schritten als bisher. Es gibt aus der Umfrage keine Anzeichen für eine Rezession“, betont BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl. Er hebt hervor, dass immer noch jedes zweite befragte Unternehmen seine Geschäftslage als „gut“ bezeichnet. Doch auch der Saldo der Geschäftslage, der sich aus der Differenz der Anteile von positiven und negativen Einschätzungen berechnet, ist über alle Branchen seit Jahresbeginn von 50 auf 43 Punkte gefallen. Dies stellt den niedrigsten Wert seit Frühjahr 2016 dar.
Industrie kommt ins Stottern
Vor allem in der Industrie hat sich die Geschäftslage deutlich verschlechtert. Dagegen vermelden das Baugewerbe, Dienstleister und Einzelhändler ein relativ stabiles Geschäft. Die Industrie sowie Groß- und Einzelhandel sind zudem nur verhalten optimistisch. Im Baugewerbe und unter den Dienstleistern rechnen dagegen deutlich mehr Firmen mit besseren Geschäften als mit einer negativen Entwicklung.
Die insgesamt schlechteren Lageurteile und Erwartungen schlagen sich auch in einer spürbar nachlassenden Investitionslaune nieder. Der Saldo der Investitionsabsichten sinkt auf 15 Punkte. Vor einem Jahr lag dieser Wert noch bei 25 Punkten. Nur noch 26 Prozent der Unternehmen wollen ihre Investitionsbudgets erhöhen, vor einem Jahr gaben das noch 33 Prozent an. Der Beschäftigungsaufbau dürfte sich ebenfalls verlangsamen. Der Saldo der Beschäftigungspläne sinkt mit 7 Punkten auf den niedrigsten Wert seit Frühjahr 2016. Nur noch jedes fünfte Unternehmen will Stellen aufbauen, zwei Drittel wollen die Belegschaften konstant halten und 12 Prozent wollen sogar Stellen streichen.
Anreize bei Besteuerung, Strompreis und Abschreibungen nötig
Angesichts der schwächelnden Wirtschaft bedarf es aus Sicht der IHK neuer Impulse: „Das Gebot der Stunde zur Wiederbelebung der Konjunktur sind Anreize für Investitionen“, so BIHK-Präsident Eberhard Sasse. Angesichts des internationalen Standortwettbewerbs seien niedrigere Unternehmens- und Einkommenssteuern unausweichlich, fordert Sasse. Zudem müssten die Stromkosten für die Industrie gesenkt werden, etwa durch die Abschaffung der Stromsteuer und eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Weiterhin sollten Soft- und Hardware steuerlich bevorzugt werden, indem generell deutlich kürzere Abschreibungszeiträume für digitale Wirtschaftsgüter gelten. Ebenso müsse die Wertgrenze für sofort vollständig abschreibungsfähige Güter umgehend von 800 auf 1.000 Euro angehoben werden.