Pünktlich zum Jahresbeginn starten die Parteien in Bayern ihren Wahlkampf für die anstehende Landtagswahl, die am 8. Oktober 2023 stattfinden wird. Wie gut können die Parteien bis dorthin ihre Position stärken und auf die politische Situation eingehen? Wie sehr werden die Herausforderungen des Jahres das Ergebnis beeinflussen?
So läuft die Wahl in Bayern ab
Alle Regionen Bayerns sollen mindestens eine Abgeordnete oder einen Abgeordneten in den Landtag entsenden. Daher ist ganz Bayern in 91 Stimmkreise unterteilt, in denen die Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Erststimme eine Direktkandidatin oder einen Direktkandidaten wählen. Alle 91 Direktkandidaten erhalten einen Sitz im Parlament – sofern ihre Partei landesweit mindestens fünf Prozent der Stimmen erhalten hat.
Die Erststimme geht nicht verloren – was kann die Zweitstimme?
Da die Wählerinnen und Wähler, die in ihrem Stimmkreis für einen unterlegenen Kandidaten gestimmt haben, persönlich niemanden in den Landtag entsandt hätten und somit nicht vertreten wären, gibt es zusätzlich die Listenmandate. Damit die Sitzverteilung im Landtag möglichst genau dem Wählerwillen entspricht, wird knapp die Hälfte der Sitze, nämlich 89 von 180 im Bayerischen Landtag an Listenkandidaten vergeben. Die antretenden Parteien stellen für jeden der sieben Regierungsbezirke der Wahlkreise Listen mit ihren Kandidaten auf. Diese Listen sind unterschiedlich lang, denn die Regierungsbezirke erhalten je nach Einwohnerzahl unterschiedlich viele Sitze im Bayerischen Landtag. Der Wähler oder die Wählerin kann dabei entweder die Partei ankreuzen und somit die vorgegebene Liste mit Landtagskandidaten akzeptieren. Oder er kann eine Person auf der Liste direkt ankreuzen und sie so in der Reihung nach oben wählen und so mitbestimmen, wer außer den Direktkandidaten in den Landtag einzieht.
Wer erhält einen Sitz?
Für die Sitzverteilung werden Erst- und Zweitstimmen zusammengezählt. Die Gesamtstimmen werden nach dem Grundsatz der Verhältniswahl in Mandate umgerechnet. Für jede Partei mit mindestens fünf Prozent der Stimmen wird für jeden Regierungsbezirk die Anzahl der Sitze im Landtag errechnet. Hat eine Partei in einem Wahlkreis 50 Prozent der Erst- und Zweitstimmen gewonnen, erhält sie die Hälfte der Sitze, die hier insgesamt zu vergeben sind.
Erhält eine Partei mehr Erststimmen als ihnen Sitze im Parlament zustehen, muss dieser Überhang ausgeglichen werden. Die Partei erhält entsprechend viele sogenannte Überhangmandate. Damit auch das Verhältnis der vertretenen Parteien weiterhin stimmt erhalten die anderen Parteien sogenannte Ausgleichsmandate. Daher bestand das Parlament von 2018 bis zu diesem Jahr aus 205 statt ursprünglichen 180 Sitzen. Daher stammt auch das Problem der immer größer werdenden Parlamente. Im Deutschen Bundestag beispielsweise sollte es nur 598 Sitze geben, doch bis 2021 saßen dort ganze 709 Abgeordnete, seit letztem Jahr sogar 736. Reformen des Wahlsystems verlaufen schleppend.
Umfragen und Prognosen – Wer wird regieren?
CSU und Freie Wähler machen weiter
Umfragen zufolge liegt die CSU aktuell bei 41 Prozent. Damit werden sie wohl nicht ihre absolute Mehrheit zurückerlangen, die sie bei den letzten Landtagswahlen 2018 mit rekordtiefen 37,2 Prozent verloren hatten, aber realistischerweise weiter mit den Freien Wählern an ihrer Seite regieren. Diese Koalition scheint auch weiterhin die wahrscheinlichste Möglichkeit zu sein, auch nach Söders Aussagen zu urteilen. Er selbst gibt sich angesichts der Umfragewerte vorsichtig.
Der aktuelle Koalitionspartner kommt bei den Umfragen momentan auf zehn Prozent – ein Verlust im Vergleich zum großen Gewinn bei der vergangenen Wahl mit 11,6 Prozent. Je nachdem, wie erfolgreich die anstehende Wahl für die Freien Wähler wird, können sie mehr oder weniger Einfluss auf den Kurs der Regierung nehmen. Der bayerische Wirtschaftsminister und stellvertretende Ministerpräsident Hubert Aiwanger wird mit großer Wahrscheinlichkeit erneut als Spitzenkandidat antreten. Auch er hofft auf eine Fortführung der Koalition.
Grüne bleiben in der Opposition
Obwohl die Grünen bei der letzten Wahl als große Gewinner galten und auch bei den aktuellen Umfragen mit 18 Prozent deutlich zweitstärkste Kraft sind, ist eine schwarz-grüne Koalition nach Aussagen des aktuellen bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chefs Markus Söder ausgeschlossen. Mit den beiden Spitzenkandidaten Ludwig Hartmann und Katharina Schulze haben die Grünen jedoch erneut die Chance auf ein gutes Wahlergebnis in diesem Jahr.
Ampel-Chancen gegen Null
Die SPD rutschte bei den letzten Wahlen auf 9,7 Prozent ab und konnte seitdem nur schwer wieder aufholen. Aktuell liegen die Umfragewerte bei neun Prozent. Bei der Wahl wird der bayerische SPD-Chef Florian von Brunn als Spitzenkandidat antreten.
Der Wiedereinzug der FDP in den bayerischen Landtag ist dieses Jahr nicht gesichert. Schon bei der letzten Wahl schaffte sie es nur knapp über die Fünf-Prozent-Hürde. Laut aktuellen Umfragen liegt sie bei vier Prozent und wäre somit bis 2028 nicht mehr vertreten. Mit dem Spitzenkandidaten Martin Hagen erhofft sie sich ein kleines Wunder.
Wiedereinzug ziemlich sicher
Die AfD wird mit ihren stabilen zehn Prozent wohl wieder zweitstärkste Oppositionspartei. Ein Spitzenkandidat muss noch festgelegt werden, der Wiedereinzug in den bayerischen Landtag ist aber hoch wahrscheinlich.
Prognose: keine große Veränderung
Insgesamt unterscheiden sich die Umfragewerte bisher nur leicht von den Wahlergebnissen der Landtagswahl 2018. Eine große Veränderung der Wahllandschaft in der anstehenden Wahl ist aktuell also nicht zu erwarten. Inwiefern der Umgang mit den bevorstehenden Krisen und Herausforderungen das Ergebnis noch beeinflussen wird, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.