Projekt bei Betz-Chrom zeigt, was es zu beachten gibt
Ein System zur Betriebsdatenerfassung (BDE) schafft insbesondere bei einer komplexen Fertigung mehr Transparenz und vereinfacht die Produktionsplanung. Bei der Einführung eines BDE ist es entscheidend, auf die Bedürfnisse des Unternehmens individuell einzugehen: Spezifische oder angepasste Systeme können mittelständischen Unternehmen wesentlich besser unterstützen als Lösungen „von der Stange“. Das Familienunternehmen Betz-Chrom GmbH zeigt dies in einem Digitalisierungsprojekt mit dem öffentlich geförderten Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Augsburg.
Mit einem BDE-System können alle Aufträge und ihre einzelnen Bearbeitungsschritte digital genau erfasst und ausgewertet werden. Wer die Einführung einer Betriebsdatenerfassung verantwortet, sollte die individuellen Bedürfnisse des Unternehmens genau im Blick haben. Insbesondere ist zu klären, welche Daten tatsächlich nötig sind und wie diese erfasst werden können. Welche Schnittstellen sind beispielsweise erforderlich, um Anlagen anzubinden und wohin werden diese dann im Nachgang weitergereicht? Unproblematisch sind Schnittstellen zu gängigen Softwaresystemen wie SAP oder Oracle – sind aber spezielle Branchenlösungen im Einsatz, sollte die Kompatibilität frühzeitig geklärt werden.
Die Digitalisierung bietet außerdem die Chance, die Prozesse auf den Prüfstand zu stellen: Schließlich muss man ohnehin prüfen, wie eine Abfrage der Daten in den Prozessen untergebracht werden kann. Dabei können auch Prozessanpassungen im Sinne einer Verschlankung durchgeführt werden. Dadurch trägt eine Betriebsdatenerfassung nicht nur direkt zu einer Produktivitätssteigerung aufgrund z. B. einer gewonnenen Transparenz bei, sondern auch indirekt durch die notwendige Beschäftigung mit den eigenen Prozessen.
Betz-Chrom: komplexe Fertigung bei hohem Termindruck
Die Betz-Chrom GmbH mit rund 60 Mitarbeitenden aus Gräfelfing bei München ließ sich bei der BDE-Einführung vom öffentlich geförderten Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Augsburg unterstützen. Das Familienunternehmen verchromt als Auftragsfertiger Bauteile und Produkte für verschiedene Branchen und Industrien. Durch kurzfristige Aufträge und sehr heterogene Stückzahlen, Größen und Dokumentationsvorgaben werden die Produkte mit stark variierendem Energie- und Materialaufwand sowie Maschinen- bzw. Badbelegung bearbeitet.
Um künftig für eine belastbare Kosten- und Terminkalkulation auf konkrete Daten zurückgreifen zu können, plant Betz-Chrom die Einführung eines BDE-Systems. Die Mittelstand 4.0-Experten Florian Rothmeyer (Technische Universität München) und Lukas Bank (Fraunhofer IGCV) identifizierten gemeinsam mit Mitarbeitenden und der Geschäftsführung von Betz-Chrom die Anforderungen an das System.
So soll eine Lösung für die Messung der Energiekosten pro Bauteil im BDE-System integriert werden, weil es sich bei der Verchromung hier um einen relevanten Kostenfaktor handelt. Insbesondere für Kunden aus der Luftfahrt ist auch eine genaue Dokumentation der Aufträge ein Muss. Wichtig ist auch die Anbindung an modernere Maschinen als auch an ältere Bestandsmaschinen, z. B. über manuelle Eingaben. Bei manuellen Eingaben spielt die richtige Hardware eine Rolle: Mitarbeitende in der Verchromung tragen zum Beispiel Handschuhe, weshalb Touch-Bildschirme eher ungeeignet wären.
Ein individuelles Lastenheft erhöht den Nutzen
Auch kleinere Betriebe sollten also die unternehmens- und branchenindividuellen Anforderungen an das BDE-System beachten, um aus ihrer Investition den größtmöglichen Nutzen zu ziehen. Ein individuelles Lastenheft macht die Anbietersuche wesentlich effizienter. Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Augsburg bietet weiterhin kostenfrei Potenzialanalysen an. Dabei entwickeln die Fachleute mit den Mitarbeitenden vor Ort anbieterneutrale und individuelle Lösungsvorschläge für den ersten Schritt in die Digitalisierung.