Laut einer vom IT-Branchenverband Bitkom durchgeführten Umfrage mit etwa 600 Unternehmen steht die Mehrheit der neuen KI-Anwendung Chat GPT positiv gegenüber. So ist in jedem sechsten befragten Unternehmen der Einsatz der textbasierten künstlichen Intelligenz geplant, knapp jedes vierte kann sich eine Nutzung zumindest vorstellen. Mehr als die Hälfte aller Befragten sieht in Chat GPT die größte digitale Neuerung seit der Erfindung von Smartphones.
Seit Ende 2022 diskutieren Experten intensiv darüber, ob Chat GPT Wirtschaft und Arbeitsmärkte dauerhaft revolutionieren wird, oder ob es bei einem kurzzeitigen Hype bleibt. Chat GPT überzeugt mit seiner Einfachheit und freien Verfügbarkeit, kann Abläufe aber auch verkomplizieren und zu Mehrarbeit führen.
Ursprünglich wurde Chat GPT als Informatik-Herausforderung mit dem Ziel entwickelt, den sogenannten Turing-Test zu bestehen. Dieser von dem Mathematiker Alan Turing im Jahr 1950 vorgeschlagene Test soll prüfen, wie gut Maschinen menschliches Denken und menschliche Ausdrucksweise imitieren können. Er gilt als bestanden, wenn Nutzer nicht in der Lage sind zu erkennen, dass sie mit einer Maschine und nicht mit einem Menschen interagieren. ChatGPT ist nach Googles LaMDA das zweite System überhaupt, dass diesen Test bestanden hat. In der Tat lassen sich Texte der künstlichen Intelligenz ChatGPT auf den ersten Blick nicht von denen eines echten Menschen unterscheiden. Das Sprachmodell nutzt statistische Regelmäßigkeiten und Trainingsdaten, um Informationen zu fast jedem beliebigen Thema bereitzustellen und daraus sehr gute Texte zu formulieren. Die Vorteile von Chat GPT scheinen offensichtlich: Kostenlos, einfach, branchenoffen – in Zeiten von Wirtschaftskrise und Fachkräftemangel eine verlockende Möglichkeit, Personal und Kosten einzusparen.
Während einige Beobachter davon ausgehen, dass damit manche Berufe in Zukunft überflüssig werden, sehen andere in ChatGPT eher ein Hilfswerkzeug denn eine Konkurrenz für den Menschen. Denn Chat GPT macht Fehler. Nicht jede Information, die das Tool ausgibt, basiert auf belegbaren Fakten und entspricht den Tatsachen. Ebenso kann die KI grundsätzlich nur Informationen verwenden, die sich bereits in ihrer Datenbank befinden. Auf dem neuesten Stand ist Chat GPT damit also nicht immer, zumal die Datensammlung des Systems derzeit im Jahr 2021 endet. Das bedeutet: ChatGPT-Texte müssen in der Regel von Mitarbeitern gründlich überprüft werden, was die gewonnene Zeit- und Kosteneinsparung zumindest zum Teil wieder zunichtemacht. Alina Buyx, Vorsitzende des deutschen Ethikrats, bezeichnet den Chatbot daher als „stochastischen Papagei, der vom Genie weit entfernt ist“. Zudem ist bis jetzt nicht geklärt, ob das Tool dauerhaft kostenlos bleibt und wie es mit den staatlichen Regulierungen weitergeht. In Italien ist ChatGPT jedenfalls bis auf weiteres gesperrt, und der Bundesdatenschutzbeauftragte hält ein derartiges Vorgehen auch in Deutschland für möglich. Außerdem: Chat GPT ist bisher nicht zuverlässig verfügbar, da die Beliebtheit oft zu Serverüberlastungen führt. Von einem verlässlichen Helfer kann somit also noch lange keine Rede sein.
Trotz Mängeln wird der Einsatz von KI in den kommenden Jahren sicher eher zu- statt abnehmen. Auch Google wird KI künftig in seine Suchdienste integrieren, nachdem bekannt wurde, dass Samsung plant mit Google-Konkurrent Bing zusammenzuarbeiten. Damit auch mittelständische Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben und später nicht in teure Schulungen investieren müssen, bietet es sich an, jetzt schon den einfachen und kostenlosen Chat GPT zu nutzen und damit wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Die textbasierte KI kann schon jetzt eine Hilfe bei Brainstorming, Recherche und dem Verfassen von Marketing-Texten sein. Auch Texte für Newsletter und Rundmails lassen sich so schnell erstellen, während Mitarbeiter sich auf andere Aufgaben konzentrieren können. Als Chatbot auf Webseiten eingesetzt erleichtert KI auch den Kundenkontakt.
Genutzt werden kann die künstliche Intelligenz also auf jeden Fall als Assistent, Inspirationsquelle und Ideengeber. Der Präsident des Finanzplaner Verbands Schweiz, Reto Spring, fasst die Möglichkeiten und Grenzen dieser KI aktuell folgendermaßen zusammen: «Der Mensch ist und bleibt Kontrollinstanz und Mastermind, der Chatbot ist nur Werkzeug und Sparringspartner.»