Die pandemische Lage in Bayern entgleitet zunehmend. Obwohl sich der Freistaat während der Corona-Krise oft in einer Vorreiterrolle gesehen hat, offenbaren die Herausforderungen dieser vierten Welle jetzt klar die Versäumnisse des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder und seiner Regierung, die Bevölkerung zum Impfen zu bewegen. Steigende Inzidenzen sind dabei nur der sichtbare Teil des Problems. Auch die Zahl der Covid-Patienten auf den Intensivstationen in Relation zu den noch verfügbaren Plätzen macht allen Grund zur Sorge. Ein Blick ins Nachbarland Österreich zeigt aktuell, wie es auch gehen kann, wenn die Politik statt zögerlicher Einzelmaßnahmen einen verbindlichen Rahmen für die ganze Gesellschaft schafft.
Der Vergleich mit Österreich
Was die Deutschen und Bayern mit den Österreichern verbindet, ist eine stagnierende Impfbereitschaft. Vollständig geimpft sind nur 67 und 65 Prozent der jeweiligen Gesamtbevölkerung. Die österreichische Regierung hat am vergangenen Wochenende die Konsequenz gezogen und einen Lockdown für Ungeimpfte verhängt, nachdem zuvor auch die Niederlande einen Teil-Lockdown beschlossen hatten. Hinzu kommen aber auch verschärfte Regelungen in den einzelnen Bundesländern für vollständig geimpfte Personen. So gilt beispielsweise in Wien teilweise die „2G+“ Regelung, bei der Geimpfte und Genesene einen zusätzlichen PCR-Test für die Nachtgastronomie benötigen. In Oberösterreich wurden alle Veranstaltungen abgesehen vom Sport- und Kulturbereich zunächst bis zum 5. Dezember abgesagt.
Ob die „neuen“ Maßnahmen rechtskonform sind, sei dahingestellt. Fakt ist: Die Politik konnte bisher einfach nicht genug Anreize fürs Impfen schaffen, was nun zu einen Quasi-„Impfzwang“ über die Hintertür führt. Die aktuellen Impfzahlen vom letzten Wochenende zeigen, dass die neue Strategie wirkt – hier wurden am Freitag so viele Impfungen verzeichnet wie zuletzt im Juli.
Was läuft in Österreich gut?
In Deutschland wurden Anfang Oktober die kostenlosen Bürger-Tests abgeschafft, um potenziell Impfwillige in Arztpraxen oder besondere Impfaktionen zu locken. Der Plan ist offensichtlich nicht aufgegangen, die Anzahl der durchgeführten Tests und erkannten Infizierten ist gesunken. In Österreich blieben die PCR-Tests hingegen kostenlos. Mit verschiedenen Programmen wie „Alles gurgelt“ können die Bürger sogar von Zuhause aus Tests durchführen und über den Einzelhandel unkompliziert ins Labor schicken lassen. Zusätzlich empfiehlt Wien die Booster-Impfung nun bereits nach vier Monaten, die ursprüngliche Empfehlung des Nationalen Impfgremiums war es, mindestens sechs Monate nach der regulären Impfung abzuwarten.
Im europäischen Vergleich schneiden weder Deutschland noch Österreich sonderlich gut ab. So werden in Spanien und Portugal die Bürger telefonisch oder per SMS zu ihren Impfterminen eingeladen, was zusammen mit einer deutlich höheren Gesamtakzeptanz der staatlichen Empfehlungen zu einer Impfquote von 79 und 86 Prozent geführt hat – und einer dementsprechend geringen Inzidenz. Die harten Beschlüsse Österreichs und der Niederlande könnten also beispielgebend für den Umgang mit der Pandemie in Ländern sein, in denen die Impfquote stagniert.
Die Autorin des Beitrags, Drilona Ismajli, arbeitet seit Oktober für mittelstandinbayern.de aus Wien.