Im Mittelstand verspricht man sich viel von der so genannten Industrie 4.0. Unter Industrie 4.0 versteht man allgemein die Informatisierung der Fertigungstechnologie und Logistik bis hin zu einer Maschine-zu-Maschine-Kommunikation. Doch laut einer Studie der Prüfungs- und Beratungsfirma Deloitte sind bisher wenige Fortschritte in diesem Bereich im Mittelstand erkennbar. Viele Unternehmen haben das Thema noch nicht strategisch integriert. Fast 80 Prozent siedeln Industrie 4.0 zwar theoretisch in der Unternehmensstrategie an, beschäftigen sich im Augenblick aber eher mit Prozessen und Technologien. Laut der Studie investiert ein Viertel der mittelständischen Unternehmen in Deutschland zwischen fünf und zehn Millionen Euro in Industrie-4.0-Projekte, bei 70 Prozent der Firmen sind es bis zu fünf Millionen Euro.
„Effizienzgewinne von jährlich etwa 3 bis 8 Prozent, die sich die mittelständischen Unternehmen von Industrie 4.0 versprechen, wirken vergleichsweise bescheiden. Das lässt den Schluss zu, dass aus Sicht der Mittelständler weniger eine Revolution als vielmehr eine stufenweise Evolution im Gang ist. Um sämtliche Potenziale zu erschließen und das Thema strategisch zu nutzen, müsste der Mittelstand aber um die 10 Prozentpunkte mehr investieren“, erklärt Lutz Meyer, Partner und Leiter Mittelstand bei Deloitte.
Praxis vor Strategie
Die von der Studie bemängelte Strategie bei der Entwicklung ersetzen dabei viele Unternehmen durch Praxis. Etwa die Hälfte der Unternehmen hat in den letzten zwölf Monaten ein Industrie-4.0-Projekt durchgeführt – zumeist Prozessoptimierungen und -automatisierung, Systemvernetzung sowie die Implementierung neuer Technologien. Aus strategischer Perspektive sind hingegen deutlich weniger Aktivitäten zu verzeichnen. Kaum ein Unternehmen plant Industrie 4.0-Aktivitäten: Nur 23 Prozent haben eine explizite Strategie. Zudem setzt sich die Mehrheit bei ihren Projekten einen Horizont von bis zu drei Jahren – nach Expertenmeinung wesentlich zu kurz.
Blick in die Zukunft der Industrie 4.0 im Mittelstand
In Zukunft wollen sich 76 Prozent der befragten mittelständischen Unternehmen jedoch mehr mit dem Thema auseinandersetzen. Dabei vertraut die Hälfte auf externe Berater, was für den Mittelstand generell eher ungewöhnlich ist. Insgesamt 29 Prozent fühlen sich gut vorbereitet, bei einem Viertel ist das genaue Gegenteil der Fall. „Zwei Drittel der Befragten beurteilen Industrie 4.0 als ausgesprochen erfolgskritisch – aber nur die Hälfte evaluiert die eigenen Projekte. Wenn der Mittelstand die Chancen von Industrie 4.0 adäquat nutzen will, muss er das Thema jetzt zur Chefsache machen, die Digitalisierung unternehmensweit in Angriff nehmen und sämtliche Aktivitäten aufeinander abstimmen. Es gilt, den richtigen Weg zwischen Aktionismus und kaufmännischer Vorsicht zu finden. Die entsprechenden Aktivitäten sollten also realistisch geplant und der Projekterfolg genau ermittelt werden“, resümiert Meyer.