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Gerichtsverfahren werden teurer

In regelmäßigen Abständen werden z. B. die Fahrpreise erhöht oder das Porto für Päckchen und Briefe. Wen wundert es da, wenn jetzt von einer Anpassung der Gebühren des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RGV) und von Erhöhung der Gerichtsgebühren zu lesen ist. Fairerweise muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass die letzte Anpassung schon über 7 Jahre zurückliegt, genauer trat sie zum 1. August 2013 in Kraft. Im Regierungsentwurf heißt es zum neuen Gesetzesvorhaben u. a.: „Mit Blick auf die erheblich gestiegenen Kosten für den Kanzleibetrieb und im Interesse einer Teilhabe der Anwaltschaft an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung erscheint eine erneute Anhebung der gesetzlichen Rechtsanwaltsvergütung geboten. (…) Mit der Erhöhung der Rechtsanwaltsgebühren sowie der Anpassung der Vergütungen und Entschädigungen (… für Sachverständige, Sprachmittlerinnen und Sprachmittler sowie Zeuginnen und Zeugen) sind höhere Ausgaben des Staates in Rechtssachen verbunden. Gleichzeitig sind auch die Sach- und Personalkosten der Justiz gestiegen. Daher bedürfen auch die Gerichtsgebühren einer Anpassung.“

Dazu, wie in etwa die Anpassung der Gebühren gestaltet werden soll, ist im Regierungsentwurf des Weiteren zu lesen: „Zur Anpassung der gesetzlichen Rechtsanwaltsvergütung wird eine Kombination aus strukturellen Verbesserungen im anwaltlichen Vergütungsrecht sowie einer linearen Erhöhung der Gebühren des RVG um zehn Prozent vorgeschlagen. In sozialrechtlichen Angelegenheiten sollen die Gebühren um weitere zehn Prozent steigen. Die Gerichtsgebühren sollen ebenfalls linear um zehn Prozent angehoben werden. Zudem sind punktuell weitere strukturelle Änderungen in den Justizkostengesetzen vorgesehen.“

Gesetz mit weitreichenden Auswirkungen

„Bei dem geplante Gesetz, welches bereits Anfang 2021 in Kraft treten soll, handelt es sich um das Gesetz zur Änderung des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts (Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 – KostRÄG 2021)“, so Bernd Drumann, Geschäftsführer der BREMER INKASSO GmbH. „Dieses Gesetz wirkt sich besonders dann aus, wenn man einen Rechtsstreit vor Gericht austragen muss“. 

Beispiel

„Beauftragt z. B. ein Gläubiger bei einer Forderung in Höhe von 500,00 EUR einen Anwalt damit, Klage beim Gericht einzureichen, entstehen bisher für den eigenen Anwalt und Gerichtskosten 262,68 EUR inkl. Auslagenpauschale und 19 % Mehrwertsteuer (1 x 2,5 Gebühren für den Anwalt und 3,0 Gerichtskosten). In Zukunft wird ein Gläubiger dafür 283,58 EUR auf den Tisch legen müssen. Das entspricht einer Steigerung um 8 %, ist aber gerade in diesem unteren Streitwertbereich weiterhin kaum kostendeckend. Wird ein Anwalt hingegen z. B. mit der Einreichung einer Klage in Höhe von 10.000,00 EUR beauftragt, muss der Gläubiger in Zukunft dafür 2.648,45 EUR aufbringen. Bisher waren es noch 2.406,85 EUR inkl. Auslagenpauschale und 19 % Mehrwertsteuer, die zu zahlen sind. Die Steigerung hier beträgt somit 10 %.“Berechtigte Forderungen bleiben unbefriedigt. Es ist zu befürchten,“ so Drumann, „dass bald noch mehr berechtigte Forderungen unbefriedigt bleiben, als dies ohnehin schon jetzt der Fall ist — einfach aus dem Grund, weil noch mehr Gläubiger bei der Höhe der neuen Gerichts- und Anwaltskosten davor zurückschrecken werden, einen Prozess zu führen, dessen Ausgang zudem ungewiss ist. Schon jetzt können es sich viele Gläubiger schlicht und ergreifend nicht leisten, für ihr Recht vor Gericht zu ziehen – lässt man einmal Mechanismen wie die Beratungs- und Prozesskostenhilfe außen vor. Sie scheuen das Kostenrisiko. Und wer einen Prozess verliert, den trifft es schließlich doppelt, und bald auch doppelt härter. Es sind ja nicht nur die eigenen Kosten zu tragen, sondern auch die des Prozessgegners. Und die werden, genau wie die eigenen Kosten, in Zukunft eben noch höher ausfallen.“

Schuldner hat Verzugsschaden zu zahlen

„Zwar kann ein Unternehmer, dessen Kunde nicht zahlt, die Kosten, die durch die Beauftragung eines Rechtsanwaltes oder auch eines Inkassounternehmens zur Realisierung seiner Forderungen entstehen, in der Regel als Verzugsschaden gegenüber dem Schuldner geltend machen. Aber eben nur, wenn der Gläubiger die Forderung – notfalls gerichtlich – mit Erfolg durchsetzen kann. Die Aussicht darauf, dass der Schuldner ggf. für die entstandenen Kosten aufzukommen hat, führt nach meinen Erfahrungen jedoch nicht zu einer höheren ‚Risikobereitschaft‘ der Gläubiger in Bezug auf das Anstrengen eines Gerichtsverfahrens, schon gar nicht derer, für die sich der Gang vor Gericht schon jetzt aus finanziellen Gründen kaum umsetzen lässt.“

Gebührenanpassung nach 7 Jahren sicher nötig, aber …

„… die Folgen werden nicht lange auf sich warten lassen. Schon jetzt tun sich manche Schuldner enorm schwer, die offenen Forderungen zu begleichen. Eine Anhebung der Gebühren wird diese Tatsache weiter verschärfen. Noch mehr Gläubiger werden ihre Forderungen so nicht realisieren können. Ebenso ist zu befürchten, dass Unternehmer, die doch einen Prozess anstreben, die ihnen z. B. durch die Gerichtsgebührenanhebung entstehenden höheren Kosten durch eine Erhöhung der Verbraucherpreise wieder reinzuholen versuchen. Und das wiederum hätte eine höhere Preisbelastung und auch höhere Lebenshaltungskosten auf Seiten der Verbraucher zur Folge.

Weiter ist es fraglich, ob nicht z. B. die Erhöhung der Gerichtskosten eher zu einer Minderung der Gesamteinnahmen bei Gericht führt, als dass sie der Justiz Mehreinnahmen beschert. Zudem ist anzunehmen, dass die geplante gesetzliche Erhöhung der Kosten und Gebühren dazu führen wird, dass berechtigte Forderungen seltener gerichtlich geltend gemacht werden. Und sollte dies doch der Fall sein, so wird dem Gläubiger z. B. bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs zukünftig noch weniger von der Vergleichssumme bleiben. 

Besonders in den unteren (Streit-)Wertstufen bis 1.000 EUR ist die geplante Gerichtsgebührenanhebung doch erheblich. Sie wird unweigerlich dazu führen, dass noch viel mehr Verbraucher aber auch kleinere Unternehmen, die meinen, sich ein gerichtliches Verfahren nicht leisten zu können, mehr als ohnehin schon auf die Wahrnehmung ihrer ihnen zustehenden Rechte verzichten werden. Höhere Kosten erschweren den Zugang zum Recht.“

Besser den Fokus auf vorgerichtliche Lösungen legen 

„Es kann daher für einen Gläubiger jetzt von größerem Nutzen sein, ein seriös arbeitendes Inkassobüro, welches schwerpunktmäßig vorgerichtlich tätig wird, mit dem Einzug seiner Forderungen zu beauftragen. Erst recht dann, wenn der Gläubiger dort bei Scheitern des Inkassos lediglich eine Nichterfolgspauschale und bare Auslagen zu zahlen hat, statt voller Honorare“.

Recht muss für alle bezahlbar – und auch gerecht – sein

„Die Überschuldung der Gesellschaft setzt sich fort. Nicht erst durch Corona. Der Kreis derer, die auf ihren berechtigten Forderungen sitzen bleiben, wird kontinuierlich größer und größer. Durch Gebührenerhöhungen den auch bei Gericht und Anwälten gestiegenen Kosten Rechnung zu tragen, ist das eine. Es Gläubigern aber immer weiter zu erschweren, die ihnen rechtmäßig zustehenden Forderungen zu realisieren, ist das andere. Hier sei als Beispiel nur die Verkürzung der Wohlverhaltensperiode erwähnt. Es heißt, dass Recht haben und Recht bekommen nicht ein und dasselbe ist. Das ist schon traurig genug. Dass aber allein schon der Versuch, Recht zu haben und — allen Unkenrufen zum Trotz — auch tatsächlich zu bekommen, bereits am Geldbeutel scheitern soll, das kann vom Gesetzgeber nicht gewollt sein.“

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