Um in Zukunft Wirtschaftsspitze zu bleiben, investiert die Bayerische Staatsregierung insgesamt 500 Mio. Euro in Internet-Hochgeschwindigkeitsleitungen vor allem in ländlichen Regionen.
Der Ausbau von Breitbandinternetleitungen boomt weltweit. In Deutschland haben laut Bitkom im vergangenen Jahr rund neun von zehn Unternehmen (88 Prozent) einen Breitbandanschluss genutzt. 2003 waren es noch deutlich weniger als die Hälfte (42 Prozent). Damit hat sich die Breitbandnutzung in der Wirtschaft innerhalb von zehn Jahren mehr als verdoppelt. „Unternehmen, die auf Breitband verzichten, lassen Chancen ungenutzt auf der Straße liegen“, meint BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf. Kaum ein Unternehmen kommt heute ohne Highspeed-Leitung aus und selbst ländliche Anwohner ärgern sich, wenn im Dorf die Übertragungsrate zu langsam für das problemlose Surfen im Netz ist.
Tatsächlich müssen sich Menschen besonders in ländlichen Regionen Bayerns manchmal mit nur einem Megabit pro Sekunde begnügen, was selbst beim Surfen ohne Videos eine ganze Menge Geduld verlangt. Erst Leitungen ab einer Übertragungsrate von mindestens 50 Mbits/s gelten wegen ihrer Schnelligkeit als zukunftsfähig. Viele Unternehmen außerhalb der Hochgeschwindigkeits-Ballungsräume fürchten schon seit Jahren um ihre zukünftige Wettbewerbsfähigkeit, denn für viele Netzbetreiber ist der Ausbau von Hochbitraten in vielen Gebieten einfach nicht rentabel genug.
Highspeed-Internet-Glasfasern für die Bedürfnisse von Morgen
Die Bayerische Staatsregierung möchte die Situation jetzt verbessern. „Wir haben die Absicht, Bayern bis zum Jahr 2020 zum erstklassigen digitalen Wirtschaftsstandort zu machen“, sagt Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP). Die Bayerische Staatsregierung hat vor kurzem beschlossen, das Breitbandinternet in Bayern mit 500 Millionen Euro stark zu fördern.
„Wir brauchen Breitbandnetze mit hohen Übertragungsgeschwindigkeiten, weil wir nur so die Digitalisierung der bayerischen Wirtschaft vorantreiben können und weil wir nur so Bayerns Wirtschaftskraft in der neuen digitalen Welt verteidigen können“, sagte Zeil im Januar bei der Vorstellung des Bayerischen Breitbandzentrums, dem neuen zentralen Ansprechpartner für alle am Breitbandausbau Beteiligten Kommunen und Netzbetreiber. Das vom Staatsministerium ins Leben gerufene Breitbandzentrum soll vor allem die Kommunen ausführlich beraten und erklären, wie Gemeinden eine staatliche Zuwendung in maximaler Höhe von 500.000 € erhalten können. Außerdem soll es einen Breitbandatlas für Bayern entwickeln, in den neben Geo- und Infrastrukturdaten auch Marktdaten einfließen, damit regionale Ausbaustrategien koordiniert werden können.
Ziel ist der schnelle Ausbau von Hochgeschwindigkeits-Breitbandnetzen in Bayern, um Unternehmen und Bürger des Freistaats bis 2018 mit Anschlussbandbreiten von mindestens 50 Mbit/s zu versorgen. in den nächsten Jahren sollen so nicht nur die Voraussetzungen für größeren Wirtschaftsvorsprung geschaffen werden, sondern als Nebeneffekt auch viele Bürger und Einrichtungen in ländlichen Regionen von den hochleistungsfähigen Breitbandnetzen profitieren. Auch der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) setzt sich schon seit Jahren für eine stärkere Vernetzung der Unternehmen ein. „Nur mit digitaler Kompetenz können unsere Firmen im weltweiten Rennen mithalten. Daher haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, den deutschen Mittelstand fit zu machen für die digitale Zukunft“, sagte BVMW-Präsident Mario Ohoven erst kürzlich auf einer Veranstaltung der vom BVMW ins Leben gerufenen Initiative „Antrieb Mittelstand“, die Mittelständler auf ihrem Weg ins Online-Zeitalter begleitet.
Hohe Anforderungen an die Förderung
Allerdings ist es nicht so einfach für die Kommunen, die Fördergelder auch wirklich zu erhalten. Zum Einen muss das betroffene Gebiet wenigstens fünf Unternehmen, Einzelhändler oder Freiberufler vorweisen, die auf schnelles Internet angewiesen sind. Besonders die Freien Wähler (FW) kritisieren, dass deswegen unzählige Ortsteile von vornherein leer ausgehen, wenn sie über keine größeren Gewerbegebiete verfügen. Zum Anderen stören sich die Kommunen an dem relativ komplizierten Antragsverfahren. „Wer einen Zuschuss abrufen will, muss sage und schreibe 19 Verfahrensstufen durchlaufen“, sagt Jürgen Busse, Geschäftsführer des Bayerischen Gemeindetags. Um die Vereinfachung der Probleme sollen sich die insgesamt 15 Experten des Breitbandzentrums kümmern. Den FW-Abgeordneten Alexander Muthmann stellt das nicht zufrieden: „In der Amtszeit, die Wirtschaftsminister Zeil noch bleibt, wird er gewiss keinen Förderbescheid mehr für schnelles Internet unterschreiben, so kompliziert wie das Programm ist.“
Die Interneterschließung Bayerns verlief langsamer als in anderen Regionen, vor allem wegen der im Bundesvergleich geringen Bevölkerungsdichte. Bereits 2005 wurde die Breitbandinitiative Bayern gegründet, mit dem Ziel so schnell wie möglich eine 100-prozentige Versorgung zu schaffen. Trotz intensiver Förderung lag Bayern bis 2012 im Bundesländervergleich bei der Internetversorgung jedoch nur im unteren Mittelfeld. Auch Deutschland gesamt liegt im europäischen Vergleich bei der Breitbandversorgung nur auf Platz sechs.
Ende 2012 hat die EU-Kommission neue Leitlinien verabschiedet, mit denen der Breitband-Ausbau in Europa flächendeckend beschleunigt werden und das Versagen der normalen Marktkräfte in Gebieten, die nicht rentabel sind, ausgeglichen werden soll. Bis 2020 sollen mindestens 30 Mbit/s für jeden EU-Bürger zum Standard werden. Für die Hälfte aller europäischen Haushalte sollen bis dahin sogar Internetanschlüsse mit mehr als 100 Megabit pro Sekunde bereitgestellt werden.
Nach diesen Leitlinien sind auch für Stadt- und Ballungsgebiete öffentliche Zuwendungen zulässig, allerdings gelten hierfür sehr strenge Auflagen. „Die Alternative zu einem ‚bürokratischen‘ Förderprogramm wäre: überhaupt kein Förderprogramm“, so eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums.