In keinem anderen Bundesland sind die Mittelständler so zufrieden wie in Bayern. Das zeigt zumindest das kürzlich erschienene Mittelstandsbarometer der Beratungsfirma Ernest & Young. Dabei wurden etwa 3000 mittelständische Unternehmen in ganz Deutschland befragt. Bayern landet sowohl in der Bewertung der Geschäftslage, als auch des Geschäftsklimas im Bundeslandvergleich auf dem ersten Platz. Doch nicht nur im Süden Deutschlands, sondern in der gesamten Bundesrepublik laufen die Geschäfte gut. Mehr als jeder zweite Mittelständler (56 Prozent) ist derzeit uneingeschränkt zufrieden mit der Geschäftslage – das ist der höchste Wert seit dem Jahr 2004, als die Studie erstmals durchgeführt wurde – nur im Juli 2014 waren genauso viele Unternehmer so zufrieden. Diese gute Geschäftslage spiegelt sich auch im Geschäftsklima wieder: Der Index steigt mit 46,1 Punkten auf den zweithöchsten Wert seit Januar 2012. Nur zum Jahresanfang 2014 war er mit 49,9 Punkten höher.
Neue Arbeitsplätze, aber kaum Fachkräfte
Auch für Jobsuchende hat das Mittelstandsbarometer gute Neuigkeiten. Ein Drittel der befragten Unternehmen möchte neue Arbeitsplätze schaffen. Doch leider gibt es von diesen Jobsuchenden viel zu wenige in Deutschland. Der aktuelle Fachkräftemangel bereitet den Mittelständlern Sorgen. Laut der Umfrage bringt er jedem zweiten Unternehmen Umsatzeinbußen. „Der Fachkräftemangel bedroht den deutschen Mittelstand – gerade in ländlichen Regionen – schon länger“, sagt Peter Englisch, Partner bei Ernest & Young. „Das Problem wird aber gerade jetzt offensichtlich, wo stellenweise quasi Vollbeschäftigung herrscht. Zahlreiche Stellen bleiben unbesetzt, Firmen müssen sich deutlich anstrengen, um geeignete Bewerber zu finden.“ Insgesamt dürfte sich der Schaden, der durch entgangene Umsätze entsteht, auf jährlich knapp 46 Milliarden Euro belaufen. Hoffnung sehen die Betriebe hier vor allem in den Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen. Gut jeder zweite Befragte geht davon aus, dass der aktuelle Flüchtlings-Zustrom mittelfristig den Fachkräftemangel zumindest geringfügig mildern kann.
Flüchtlinge als Lösung für den Fachkräftemangel
Fast jeder zweite Mittelständler in Deutschland würde Flüchtlingen ohne Vorbehalt Arbeit geben, weitere 36 Prozent der Befragten würden sich eher positiv entscheiden. Nur 15 Prozent der mittelständischen Unternehmen würden (eher) keine Flüchtlinge einstellen. Als mit Abstand größtes Einstellungshindernis werden allerdings mangelnde Deutschkenntnisse gesehen. Gleich dahinter liegen die unklare Gesetzeslage während des Asylverfahrens und die fehlende Planungssicherheit, zum Beispiel durch die Gefahr der Abschiebung. Auch eine mangelnde Qualifikation und einen hohen bürokratischen Aufwand nannten die Unternehmen als Hürden für die Einstellung von Flüchtlingen.
Die Auswirkungen der stark gestiegenen Zuwanderung auf die deutsche Wirtschaft sehen die Mittelständler gespalten. 30 Prozent der Mittelständler bewerten sie als (eher) positiv, während 24 Prozent (eher) negative Auswirkungen erwarten. Fast jeder zweite Befragte sieht weder eher positive noch eher negative Auswirkungen. Ein klares Ja gibt der Mittelstand jedoch für ein Einwanderungsgesetz. Vier von fünf mittelständischen Unternehmen befürworten für die Zukunft ein solches Gesetz, mit dem die Zuwanderung nach Deutschland gesteuert und für Fachkräfte erleichtert werden soll. „Die Bewältigung des Fachkräftemangels ist eine der zentralen Aufgaben der deutschen Wirtschaft – die Bewältigung des Flüchtlingszustroms eine der zentralen Aufgaben unserer ganzen Gesellschaft. Es bedarf jetzt großer gemeinsamer Anstrengungen, die Herausforderungen zu meistern“, betont Englisch. „Es ist zum Beispiel wichtig, dass Asylanträge schnell und verlässlich entschieden werden. Darüber hinaus müssen die Menschen, die zu uns kommen, so schnell wie möglich die deutsche Sprache lernen. Das ist die wichtigste Voraussetzung für eine gelungene Integration – in die Arbeitswelt im Speziellen und in die Gesellschaft allgemein“, sagt Englisch abschließend.
Ein optimistischer Blick in die Zukunft
Neben dem Fachkräftemangel sehen die Mittelständler als größte Gefahr für ihr Unternehmen eine mögliche schwache Konjunkturentwicklung im Inland und schwankende Rohstoffpreise. Trotzdem blicken sie größtenteils optimistisch in die Zukunft. Mehr als jeder dritte Mittelständler rechnet für die kommenden Monate mit einer Verbesserung der eigenen Geschäftslage, nur jeder elfte erwartet eine Verschlechterung. Am zuversichtlichsten sind Dienstleister, gefolgt vom Handel. Westdeutsche Unternehmen sind insgesamt optimistischer als ostdeutsche. 41 Prozent der Mittelständler in Deutschland wollen sich in den kommenden Monaten vor allem auf Wachstum fokussieren – besonders hoch ist dieser Anteil im Handel. Bei gut jedem zweiten Befragten bestimmen hingegen stabilitätsorientierte Strategien die Unternehmensagenda.