Die Sondierungsgespräche zwischen SPD, Grünen und FDP für eine Ampel-Regierung laufen seit Anfang Oktober. Auch wenn es zwischen den Parteien viele inhaltliche Unterschiede gibt, scheinen die Gespräche positiv zu verlaufen. Eine Jamaika-Koalition mit der Union anstelle der SPD wird aufgrund des internen Zustands der CDU als unwahrscheinlich eingeschätzt. Für den Mittelstand ist das eine unbefriedigende Entwicklung, denn in einer BVMW-Umfrage hatte er sich für eine Jamaika-Regierung ausgesprochen. In einer Ampel-Koalition wird der Mittelstand wohl mit einigen Veränderungen rechnen müssen.
SPD für Wiedereinführung der Vermögenssteuer
Die SPD möchte sich in einer neuen Regierung unter anderem für die Sicherung der Fachkräfte einsetzen und Anreize für Investitionen und Innovationen schaffen. Dazu zählt beispielsweise der Bürokratieabbau, der von Seiten des Mittelstands befürwortet wird. Ebenso das Vorantreiben der Digitalisierung sowie eine Gründerförderung, die eine schnelle und unbürokratische Unternehmensgründung ermöglichen soll, wäre für den Mittelstand positiv. Die SPD fordert allerdings auch die Erneuerung der Erbschaftssteuer und die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, die KMU vor große Probleme stellen würde. Laut einer Studie des Ifo-Instituts würden diese zusätzlichen Abgaben zu einem gebremsten Wachstum führen. Experten gehen davon aus, dass durch die Vermögenssteuer Geld vermehrt ins Ausland verlagert und somit der deutschen Wirtschaft entzogen wird.
Grünenpläne wären enorme Belastung für KMU
Annalena Baerbock, die Kanzlerkandidatin der Grünen, bezeichnet den Mittelstand als „Rückgrat der Wirtschaft, das Arbeitsplätze und Wohlstand schafft“. Ihre Partei hat daher auch einige Pläne, die KMU entlasten, wie die staatliche Unterstützung für die klimatechnische Modernisierung der Stahl- oder Zementindustrie. Allerdings sind die Grünen wie die SPD für eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer sowie für eine Erbschaftssteuer. Experten der Stiftung Familienunternehmen und des Bundesverbands der Deutschen Industrie haben berechnet, dass bei einer Umsetzung sämtlicher Vorhaben der Grünen, der Mittelstand eine steuerliche Mehrbelastung von 36 Prozent verkraften müsste. Damit wäre Deutschland in der Europäischen Union das Land mit den zweithöchsten Abgabensätzen für Firmen. Für die deutsche Wirtschaft hätte dies gravierende Folgen. Die Wettbewerbsfähigkeit würde sinken und zahlreiche Unternehmen in Länder mit niedrigeren Steuersätzen abwandern.
FDP mit umfangreichen Plänen für den Mittelstand
Die Liberalen möchten im Gegensatz zu den Grünen und der SPD die Vermögenssteuer nicht wieder einführen und stattdessen den Mittelstand durch Entlastungen deutlich stärken. Dadurch gewährt man laut FDP Unternehmen finanzielle Spielräume, um in Forschung und Technologien investieren zu können. Auch mit ihren anderen Forderungen würden die Liberalen den KMU Vorteile verschaffen. Neben dem Bürokratieabbau will sich die FDP für eine Erleichterung von Investitionen und eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung einsetzen. Durch die Abschaffung der Vorfälligkeit bei der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen kann beispielsweise die bürokratische Mehrbelastung für Unternehmen gestoppt werden und zusätzlich verhindert werden, dass dem Betrieb Kapital entzogen wird. Besonders in ländlichen Regionen plant die FDP, neue Perspektiven hervorzubringen, indem eine flächendeckende digitale Infrastruktur erschafft sowie ein umfangreiches Verkehrssystem aufgebaut wird. Dadurch sollen nicht nur Unternehmen vor Ort bleiben, sondern auch neue hinzukommen.
Insgesamt würden die Forderungen der Grünen und der SPD den Mittelstand belasten, die Ideen der FDP hingegen entlasten. Wie sehr sich die Liberalen gegen die Steuerpläne der anderen beiden Parteien durchsetzen können, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Eine endgültige Bilanz für den Mittelstand wird sich aber erst im Koalitionsvertrag und während der Legislaturperiode ziehen lassen.