Im Juli veranstaltete der BVMW Bayern gemeinsam mit Anaqua, einem Anbieter für Management- und Analysesoftware für geistiges Eigentum, ein Web-Seminar zu den bisherigen Neuigkeiten aus dem Marken- und Patentrecht im Jahr 2020. Zwei Experten der jeweiligen Fachgebiete gaben dabei detaillierte Einblicke in die gegenwärtigen Entwicklungen zum einheitlichen Patentgericht, zum Patent- und Markenmodernisierungsgesetz sowie zur Situation für Marken und Patente nach dem erfolgten Brexit. Für eine außergewöhnlich hohe Bild- und Tonqualität für alle Teilnehmer sorgte dabei eine Live-Übertragung der Vorträge aus einem professionellen TV-Studio.
Aus dem Bereich des Markenrechts gab Anwältin Alexandra Dellmeier von der Münchener Kanzlei LexDellmeier zunächst einen Überblick zu den neuen ISO-Standards zur Bewertung einer Marke. Außerdem ging sie auf die seit Mai geltenden Neuerungen des deutschen Markenmodernisierungsgesetzes (MaMoG) ein. Der Anteil der Marke am Unternehmenswert betrage durchschnittlich etwa 46 Prozent, betonte Dellmeier. Der exakten Bewertung einer Marke komme daher eine wichtige Rolle zu. Die Bewertung eine Marke kann grundsätzlich auch anhand von nicht- finanziellen Faktoren vorgenommen werden: Hierfür bieten sich seit diesem Jahr neue ISO-Standards an, mit denen der Wert einer Marke auch unter Marketing-Aspekten und ihrer rechtlichen Durchsetzbarkeit evaluiert und gemessen werden kann.
Markenrecht: Separate Anmeldung in UK nach dem Brexit erforderlich
Anschließend ging Dellmeier auf die Folgen des Brexits für Marken oder Designs in der EU ein. Zu den Auswirkungen des Brexits auf EU-Marken und Designs gehört, dass eine bestehende EU-Marke oder ein EU-Design ab 2021 in eine eigene nationale britische Marke (oder ein britisches Design) umgewandelt wird. Neue Markenanmeldungen in der EU entfalten ab diesem Stichtag keine Wirkung mehr in UK und müssen separat angemeldet und bezahlt werden. Ab 2021 müssen die EU-Marke und die zusätzlich bestehende UK-Marke dann auch separat verlängert werden.
Patentrecht: Begrenzung des Unterlassungsanspruchs für Patentinhaber
Aktuelles aus dem Patentrecht vermittelte in einem zweiten Vortrag der Münchener Patentanwalt Wulf Höflich von der Anwaltskanzlei AKLaw. Höflich nahm zuerst Bezug auf den aktuellen Stand des zweiten Patentrechtsmodernsierungsgesetzes (2. PatMoG). Dabei erklärte er, was das Ende des ‚Injunction Gap‘ zwischen Nichtigkeits- und Verletzungsverfahren für die Praxis bedeutet und welche Auswirkungen die Begrenzung des Unterlassungsanspruchs von Pateninhabern bei Lizenzverletzungen für Automobilbauer und Patentanwälte hat. Einerseits könnten damit überzogene Lizenzforderungen und übertriebene Härten für Lizenznehmer vermieden werden, allerdings werde damit auch die Position des Patentinhabers und seiner Monetarisierungsmöglichkeiten geschwächt, so Höflich.
Einheitliches Patentgericht könnte noch kommen
Außerdem ging Höflich auf den neuesten Stand zum europäischen Einheitspatent ein, welches durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nach dem Brexit erneut zurückgeworfen wurde. Die Ablehnung des Bundesverfassungsgerichts basierte darauf, dass das Gesetz zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Patentgerichtes in Deutschland mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit hätte beschlossen werden müssen. Sollte diese bürokratische Hürde noch genommen werden und ein neues Zustimmungsgesetz von Bundesrat und Bundestag mit der erforderlichen Mehrheit beschlossen werden, könnte das europäische Einheitspatent mit dazugehörigem Gericht doch noch endlich kommen, erklärte Höflich.
Schließlich gab er zum Schluss noch ein kurzes Update der Patentbehörden (DPMA, EPA, EUIPO) zum Coronavirus, die ihre Zahlungsfristen für Unternehmen in Schwierigkeiten derzeit großzügig verlängern. Danach hatten die etwa 50 Teilnehmer des Live-Streams noch die Gelegenheit, ihre Fragen zu den angesprochenen Themen zu stellen.
Achim von Michel, Landesbeauftragter Politik des BVMW Bayern, wies zum Abschluss des Web-Seminars auf die nächste geplante Veranstaltung des BVMW zu geistigem Eigentum hin, die im Oktober – und nach Möglichkeit wieder als Präsenzveranstaltung im Münchner Künstlerhaus – stattfinden soll.