Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels und rasanten technologischen Wandels will die bayerische Staatsregierung stärker in die berufliche Aus- und Weiterbildung investieren. Vergangene Woche unterzeichnete sie deshalb mit Vertretern der Wirtschaftsverbände und der Bundesagentur für Arbeit einen neuen „Pakt für Berufliche Bildung“. Dieser baut auf der 2014 geschlossenen „Allianz für starke Berufsbildung in Bayern“ auf und soll junge Menschen wieder stärker für Ausbildungsberufe begeistern.
Signal für hohen Stellenwert beruflicher Bildung
Mit dem neuen Pakt reagiert die bayerische Staatsregierung auch auf die angespannte Lage auf dem bayerischen Ausbildungsmarkt: Jeder zehnte Ausbildungsplatz blieb im vergangenen Jahr unbesetzt, obwohl bayerische Unternehmen händeringend nach beruflich qualifizierten Fachkräften suchen. Dieses Jahr fehlen im Freistaat über alle Branchen hinweg bereits 195.000 beruflich Qualifizierte, Prognosen zufolge wird die Nachfrage weiter steigen. Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner erklärt, man wolle mit dem Pakt ein „klares Signal für den hohen Stellenwert der beruflichen Bildung auf Augenhöhe mit der akademischen Ausbildung“ setzen. Gezielte Kampagnen und ein Projekt zur Begleitung von Studienabbrechern beim Übergang in die Berufsausbildung sollen insbesondere junge Menschen davon überzeugen, dass „eine berufliche Ausbildung ein hervorragender Einstieg ins Berufsleben und ein ausgezeichneter Start für die berufliche Karriere ist“, so die Ministerin.
Fokus auf Digitalisierung
Im Rahmen des großen Bildungspakets mobilisiert die Staatsregierung erhebliche Mittel. So sind ab dem Jahr 2018 für die Aufstockung des Meisterbonus von 1.000 Euro auf 1.500 Euro insgesamt 17 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen. Für die Erneuerung von Bildungseinrichtungen der Wirtschaft stehen 2018 zusätzliche 10 Millionen Euro bereit und auch die Berufsschulen erhalten für ihre technische Modernisierung zusätzliche Mittel in Höhe von 5 Millionen Euro. Um die Unterrichtsversorgung an den Berufsschulen zu verbessern, sollen in den kommenden zwei Jahren insgesamt 100 neue Stellen geschaffen werden. Besonderes Augenmerk legt der Pakt auf die Bereiche Digitalisierung und Elektromobilität. Diese sollen in neu errichteten Bildungszentren des Handwerks, in der bbw-Lernfabrik in München, Regensburg, Nürnburg und voraussichtlich Augsburg, sowie durch Lernortkooperationen zwischen Berufsschulen, Bildungseinrichtungen der Wirtschaft und Ausbildungsbetrieben gefördert werden. Finanzielle Unterstützung für den Pakt kommt von den Partnern aus der Wirtschaft. Sie werden vor allem im Bereich der Digitalisierung zusätzliche Fördermittel mobilisieren.
Gewerkschaften kündigen Verbesserungsvorschläge an
Kritik an dem neuen Bildungspakt äußert hingegen der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). In einer Pressemitteilung prangert er den Ausschluss der Gewerkschaften und Arbeitnehmer an der Ausarbeitung des Paktes an. Verglichen mit der Aufstockung um 1.000 neue Lehrstellen an Gymnasien, seien die 100 zusätzlichen Stellen für die Berufsschulen nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Eine flächendeckende Modernisierung von Ausbildungsstätten finde zudem nicht statt, sondern lediglich an wenigen „Exzellenzzentren“. Darüber hinaus fordert der DGB die komplette Gebührenfreiheit in der Beruflichen Bildung, denn die Anhebung des Meisterbonus allein reiche nicht. Matthias Jena, Chef des DGB in Bayern, kündigte deshalb an, Ministerpräsident Seehofer Verbesserungsvorschläge zukommen zu lassen.