Der Börsen-Flop von Facebook mag viele angesichts der großen Vorschusslorbeeren wundern. Experten waren diesbezüglich hingegen von Beginn an skeptisch. Schließlich dient Facebook primär der „Bespaßung“ von Jugendlichen und Web-affinen Erwachsenen, entfaltet jedoch lediglich im Business-to-Consumer-(B2C-)Bereich Wirkung. Und dies mit nicht unerheblichem Aufwand und Risikopotenzial, da vor allem als besonders lustig oder „cool“ empfundene, werbenahe Auftritte wirklich positiv wahrgenommen werden, was wiederum die geeigneten Güterkategorien und Zielgruppen nicht unerheblich einschränkt.
So ist die über die circa 900 Millionen Facebooknutzer adressierbare Nachfrage vermutlich erheblich geringer, als von einigen „naiven“ Börsenanalysten prognostiziert.
Was will die Praxis – Ergebnisse einer empirischen Befragung
Der große Bereich des Business-to-Business (B2B) und auch des Business-to-Government (B2G) wird mit den bekannten Social Networking-Plattformen (neben Facebook, Xing, LinkedIn u.a.) bisher nicht erreicht. Wir wollten daher wissen, ob derartige Web2.0-Plattformen nach Einschätzung von Praktikern überhaupt in diesen Bereichen eine Chance besitzen, und haben eine empirische Befragung durchgeführt, an der sich 389 Vertreter aus Privatwirtschaft (n=282) und öffentlicher Verwaltung (n=107) beteiligt haben.
Zunächst ist festzustellen, dass das Erfahrungsniveau sowohl im privaten, besonders aber im beruflichen Bereich mit dem Einsatz von Social Media (neben Social Networks, Wikis, Web-/Podcasts, Blogs, Microblogs wie Twitter, Webinare) recht gering ist. Lediglich Wikis werden bisher etwas intensiver genutzt. Insofern basieren die Angaben der Befragten teilweise auf nicht erfahrungsbasierten Einschätzungen. Unter 40-jährige sehen – wie auch die Führungsebene – die Chancen in der Nutzung dieser Medien positiver als die älteren Teilnehmer. Offenbar korrelieren sowohl Web2.0-Erfahrenheit als auch die Führungsverantwortung positiv mit dem Akzeptanzgrad dieser neuen Technologien. So sehen Führungskräfte sehr gute Möglichkeiten in der Nutzung interner (Enterprise) Social Networks, um die Organisationstrukturen und Prozesse transparenter zu machen, Abteilungen und Projektgruppen besser organisieren, Wissen besser managen, Innovationen besser fördern zu können u.v.a.m.
Hinsichtlich des Einsatzes öffentlicher Social Networks (wie Facebook) herrscht höchste Skepsis bei allen Teilnehmern. Angesichts des völlig unzureichenden Schutzes persönlicher Daten sowie von Kommunikationsinhalten ist dies nicht verwunderlich. Eine positive Einschätzung derartiger Plattformen für geschäftliche Zwecke wird dagegen eingeräumt, wenn entsprechende Datenschutz- und Sicherheitsvorkehrungen garantiert werden. Noch positiver fällt die Einschätzung aus, wenn zusätzlich spezialisierte Plattformen (bspw. für Branchen, Berufsgruppen u.ä.) zum Einsatz kommen, die stärker die spezifischen Erfordernisse der Nutzer erfüllen.
ForBes und VuBN – zwei erfolgreiche Professional Networks
Damit wurde das Konzept der beiden bisher einzigen derartigen Web-Plattformen ForBes (www.Forumbeschaffung.de) für die Privatwirtschaft und das Verwaltungs- und Beschaffernetzwerk (www.vubn.de) für die öffentliche Hand bestätigt. Im VuBN tauschen sich über 10.000 Verantwortliche des öffentlichen Bereichs intensiv über Fachfragen, insbesondere auch zu Vergaben aus. So hat allein die Gruppe „Austausch von Leistungsbeschreibungen“ weit über 2.000 Mitglieder. Anbieter der Privatwirtschaft können hier auf kontrollierte Weise für Verantwortliche des öffentlichen Bereichs im Vorfeld von Vergaben Informationen bereitstellen und damit positiv auf den Vergabeprozess einwirken.
Im ForBes stehen neben dem Erfahrungsaustausch, bspw. zum China-Sourcing oder zum E-Procurement, ebenfalls geschäftliche Transaktionen, bspw. zum Handel von Überbeständen, Sonderangeboten etc., im Vordergrund. Zudem können hier Unternehmen eigene, für andere Nutzer unsichtbare bzw. nicht zugreifbare Enterprise Social Networks einrichten und so die Kosten einer eigenen Lösung vermeiden. Dies wiederum kommt der sehr positiven Einschätzung der Teilnehmer aus unserer Befragung hinsichtlich des Nutzens solcher Netzwerke innerhalb von sowohl national, insbesondere aber global arbeitenden Funktionsbereichen wie Einkauf oder Vertrieb sehr entgegen.
Netzwerke wie das ForBes oder das VuBN beweisen, dass die Technologie von Social Networks sehr gut geeignet ist, sowohl den organisationsinternen Bereich als auch B2B- und B2G-Applikationen zu unterstützen. Wir verwenden hierfür der Terminus Professional (Social) Network und sind überzeugt, dass sich sowohl die beiden genannten als auch weitere solcher Plattformen erfolgreich etablieren werden.
Über den Autor:
Prof. Dr. Ronald Bogaschewsky ist Inhaber des Lehrstuhls für BWL und Industriebetriebslehre und Gesellschafter der Centrum für Supply Management GmbH (www.cfsm.de), die das ForBes betreibt und beratend tätig ist, sowie der ondux GmbH, die das VuBN betreibt.