Die Einführung einer Vier-Tage-Woche wird derzeit stark diskutiert. Die einen fordern sie, die anderen fürchten sie. Für die einen ist es der Garant für mehr Produktivität, für die anderen bedeutet sie den sicheren Rückgang des Wohlstandes.
Von Befürwortern der Vier-Tage-Woche werden eine Reihe an Vorteilen angeführt: Die kürzeren Arbeitszeiten führen zu erhöhter Motivation und gleichzeitig weniger Stress bei den Mitarbeitern. Diese werden dadurch produktiver und das Unternehmen profitiert auf Dauer.
Dabei ist die Vier-Tage-Woche zunächst eine Definitionssache, denn es gibt grundsätzlich zwei Modelle:
Beim ersten Modell werden die üblichen Arbeitsstunden auf vier Tage umverteilt, sodass an vier Tagen entsprechend länger gearbeitet wird. So entsteht ein zusätzlicher arbeitsfreier Tag. Arbeitszeit und Gehalt bleiben also gleich, nur die Anzahl der Abreitstage verringert sich. Kritiker dieses Modells führen an, dass das auch zu mehr Stress führen und unter Umständen sogar Folgen für die Gesundheit haben kann.
Das zweite Modell umfasst 100 Prozent des Gehalts für 80 Prozent Arbeitszeit. Es erfolgt also keine Umverteilung von Arbeitsstunden, sondern eine Reduzierung. Was zunächst wie ein Rechenfehler klingt, ist ernst gemeint. Die Begründung: Mitarbeiter seien bei weniger Arbeitszeit aber gleichem Gehalt produktiver und würden die gleiche Arbeit in weniger Zeit leisten. Befürworter dieses Modells nennen den durch mehr Freizeit und bessere Work-Life-Balance verursachten Motivationsanstieg als Ursache. Die Aussicht auf mehr Freizeit bei gleichbleibendem Gehalt mag kurzfristig ein großer Ansporn sein, ob dieser Effekt aber auf Dauer anhält ist fraglich.
Eine Vier-Tage-Woche bringt also nicht nur Vorteile mit sich. Ob und in welcher Form sie eingeführt wird, will daher gut überlegt sein. Welches Modell letztlich aber das Beste ist, hängt vom individuellen Unternehmen und dessen Bedürfnissen ab.
In der Politik wird seit einigen Monaten diskutiert, ob man die Vier-Tage-Woche per Gesetz einführen sollte. Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) positionierte sich folgendermaßen: Individuelle Lösungen für individuelle Bedürfnisse von Arbeitnehmern zu finden sei grundsätzlich der richtige Weg. Der Verband rät also nicht strikt von der Einführung einer Vier-Tage-Woche ab. Jedoch sollten Arbeitszeiten stets betriebsintern entschieden werden und auf keinen Fall von der Politik vorgegeben werden. Eine ähnliche Auffassung vertritt auch die IHK Erfurt: Falls eine Änderung der Arbeitszeiten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber die beste Möglichkeit ist, sollte dem nichts im Wege stehen. Allerdings könnte eine gesetzliche Einführung der Vier-Tage-Woche mehr schaden als nutzen. Es gehöre zur unternehmerischen Tätigkeit die individuell beste Lösung zu finden, die die Politik nicht beeinflussen sollte, so die IHK Erfurt.
Aktuell besteht ein Arbeitnehmermarkt: Es gibt mehr freie Stellen als qualifizierte Bewerber. Damit haben Bewerber eine gestärkte Verhandlungsposition gegenüber Unternehmen. Einige Experten sprechen sogar von einem „War for Talents“. Flexible Arbeitszeiten anzubieten kann ein Pull-Faktor sein, mit dem sich Unternehmen von der Konkurrenz abheben und neue Talente auf sich aufmerksam machen. Mittelständische Unternehmen sollten daher grundsätzlich offen für eine flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit sein.