Aus der neuesten Umfrage des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) von September 2021 geht ein erneuter Rückgang der Konjunkturerwartung in Deutschland hervor. Der Wert liegt bei nur noch 26,5 Punkten. Diese Zahl stellt vor allem den Mittelstand vor Probleme, der von der Pandemie ohnehin besonders stark betroffen ist.
Corona-Pandemie schwächt die Konjunkturerwartung
Die Gründe für diesen nun vierten Rückgang hintereinander sind noch immer die Corona-Pandemie und ihre Folgen. Der damit verbundene Chipmangel im Fahrzeugbau, sowie die Ressourcenverknappung in der Bauwirtschaft tragen laut ZEW-Präsident Professor Achim Wambach zu der schwachen Konjunkturerwartung bei.
Die ZEW-Umfrage wird seit 1991 durchgeführt und befragt rund 300 Experten von Banken, Finanzabteilungen und Versicherungen ausgewählter Großunternehmer. Wichtige Kennzahlen für die Befragung sind die Inflationsraten, Zinsen, Aktienindex, Wechselkurse und der Ölpreis. Der Indikator ergibt sich aus den Ergebnissen dieses Finanzmarkttests.
Auch Mittelstand durch Corona-Pandemie stark belastet
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt das Mittelstands-Barometer der KFW und des IFO-Instituts, welches das Geschäftsklima in mittelständischen Unternehmen aufzeigen soll. Die aktuelle Befragung im September hat ergeben, dass mittelständische Unternehmer Sorgen vor der Zukunft haben und nicht mit einem raschen Wirtschaftsaufschwung rechnen. Gründe dafür sind die vierte Corona-Welle und Rohstoffengpässe, die vor allem in der Industrie für Probleme sorgen. Wie bereits im Vormonat sind die Geschäftserwartungen der KMU auch im September gesunken, sodass der Wert um 2,5 gefallen ist und nun bei 6,9 Punkten liegt.
Wirtschaftsexperte Hüther sieht Alterung der Gesellschaft als Problem
Für viele Unternehmer stellt sich dadurch die Frage, wie die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie aufgefangen werden können. Damit beschäftigt sich Michael Hüther, der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln. Er sieht den einzigen Ausweg aus der wirtschaftlichen Krise in der Steigerung der Arbeitsproduktivität. Dabei gibt es allerdings zwei Schwierigkeiten. Zum einen wird die gesellschaftliche Überalterung die Wirtschaft auf lange Sicht vor Probleme stellen. Denn die Anzahl der erwerbstätigen Personen im Alter von 20 bis 66 Jahren wird aufgrund des demographischen Wandels in den nächsten zehn Jahren um etwa 3 Millionen sinken. Zum anderen ist das bereits fast vollständig ausgeschöpfte Beschäftigungspotential ein Problem. Im Jahr 2004 lag dieses Potential noch bei 68 Prozent, mittlerweile beträgt es aber bereits 80 Prozent. Ein weiteres Wachstum ist hier also kaum möglich.
Hüther: Steigerung der Arbeitsproduktivität benötigt erhöhte Arbeitszeit
Daher kann laut Hüther die Steigerung der Arbeitsproduktivität nur durch eine Erhöhung der Arbeitszeit erfolgen. Dies ist beispielsweise in Schweden und der Schweiz der Fall, wo die Jahresarbeitszeit der Arbeitnehmer deutlich höher ist als in Deutschland. Das liegt sowohl an der höheren Wochenstundenzahl als auch an der niedrigeren Zahl der jährlichen Urlaubstage. In Deutschland scheint eine Erhöhung der Arbeitszeit für viele Politiker aber undenkbar zu sein. So wird etwa die Anhebung des Renteneintrittsalters von einigen Parteien, etwa der SPD, vehement abgelehnt und immer öfter kommt auch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit ins Gespräch. Es bedarf daher weiterer Überlegungen, wie auf lange Sicht ein Wirtschaftswachstum auch ohne eine Erhöhung der Arbeitszeit möglich ist.