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Wie Unternehmen die Reisen ihrer Mitarbeiter sicherer machen können

Ein Geschäftsreisender fährt abends U-Bahn in einer fremden Stadt. Das Ende eines langen Tages voller Meetings. Wie er dösen auch die Passagiere in seinem Wagen vor sich hin, fast jeder hält wie gebannt ein Smartphone vor den Augen. Mehrfach steigen Passagiere aus und ein, meist langsam und ermattet. Plötzlich betritt ein Mann den U-Bahn-Waggon, der anders wirkt: Sein Körper hat Spannung, er bewegt sich schneller und mit mehr Energie. Seine halb zusammengekniffenen Augen huschen durch den Wagen und über die einzelnen Passagiere, von einem zum anderen. Seine Miene ist unergründlich; ein freundliches Gesicht sieht anders aus, denkt der Geschäftsreisende. Er bemerkt, dass der Mann beide Hände in seinen Jackentaschen vergraben hat und sich, obwohl gerade eingestiegen, mehrfach mit gerecktem Hals zurück in Richtung Bahnsteig umsieht. Die U-Bahn beginnt zu piepen, die Türen schließen sich gleich. Der Geschäftsreisende trifft eine schnelle Entscheidung, steht von seinem Sitz auf und steigt aus der U-Bahn aus.

Er hat soeben, ohne es zu wissen, einen bewaffneten Überfall auf sich vereitelt. Und das allein mit seinem Bewusstsein für die Atmosphäre im Wagen, die sich von einer Sekunde zur anderen durch das Zusteigen des Mannes verändert hatte.   

Besonders auf Reisen in fremder Umgebung macht eine Vorbereitung des Reisenden einen elementaren Unterschied für den Verlauf der Reise. Dabei können schon kleine Hinweise die Sicherheit während der Reise erhöhen: Ob zum Beispiel die schlecht beleuchtete Seitenstraße am Hafen vermieden werden sollte. Oder die teure Armbanduhr im Hotelsafe bleiben sollte, da sie auf dem abendlichen Heimweg nur unnötig Aufmerksamkeit erregt.

In der Beratung begegnet es einem immer wieder, dass Reisesicherheit unter den Beschäftigten nicht sehr bekannt ist, obwohl die Reisetätigkeit in den letzten Jahren stets gestiegen ist. Da die Corona-Pandemie Geschäfts- und Privatreisen innerhalb kürzester Zeit drastisch verändert hat, werden Unternehmen und ihre Beschäftigten verstärkt auf Reisesicherheit und Notfallprozesse aufmerksam. Um Gefährdungen von Mitarbeitern bei Geschäftsreisen zu reduzieren und, wo möglich zu vermeiden, ist die Sensibilisierung und Vorbereitung auf Geschäftsreisen äußerst wichtig.

Die gute Nachricht ist: Durch Corona sind die Menschen gerade extrem aufmerksam auf das Thema Sicherheit im Ausland geworden. Unternehmen sollten den derzeitigen Schub nutzen, um ihre Mitarbeiter schon vor Reiseantritt dazu zu bringen sich mit dem Zielland und den damit einhergehenden Gefahren auseinanderzusetzten.

Ein Bewusstsein schaffen: Awareness

Awareness beschreibt das Bewusstsein über bestimmte Zustände, Dinge oder Themen. Wer etwa ein Bewusstsein für die Wahrnehmung seines Umfeldes hat, erkennt Gefahren schneller als andere und reist sicherer. Um ein solches Bewusstsein zu schaffen, können Unternehmen Awareness-Kampagnen zur Sensibilisierung einsetzen. Hierbei geht es darum, ein Bewusstsein für die Notwendigkeit der Sicherheit bzw. Reisesicherheit zu erzeugen. Für die Mitarbeiter ist es wichtig zu wissen, welche Strukturen es im Unternehmen für Travel Security gibt und wie die Firma die Sicherheit des Mitarbeiters auf Reisen unterstützt.

Die Beschäftigten eines Unternehmens sollen ein Bewusstsein für die Sicherheit auf Geschäftsreisen entwickeln. Jedoch ist hier zwischen zwei Awareness-Resultaten zu unterscheiden. Einmal die Awareness als Präsenz für das Thema Reisesicherheit als solches und einmal als Prävention vor Geschäftsreisen.

Awareness als Präsenz

Dass Awareness immer wieder im Unternehmen und bei den Mitarbeitern thematisiert wird, ist für die Prävention von Gefahren auf Geschäftsreisen hilfreich. Die Präsenz des Themas schafft Sicherheit. Zum Beispiel können aktuelle Ergebnisse und Informationen in den Onlineplattformen des Unternehmens oder einer Hauszeitung vorgestellt werden. Unternehmen, die Wert auf Reisesicherheit legen und ihren Beschäftigten kontinuierlich das Vorhandensein und den Nutzen der Reiseisicherheit präsentieren, steigern das Sicherheitsbewusstsein der Mitarbeiter und können so effektive Präventionsmaßnahmen für Geschäftsreisen entwickeln.

Um eine Awareness-Kampagne so effizient wie möglich zu gestalten, sollten vier Phasen berücksichtigt werden:

  • Aufmerksamkeit: Zuerst muss Aufmerksamkeit für das Thema Reisesicherheit entstehen, damit die Beschäftigten von der Existenz der Reisesicherheit erfahren (Dies ist momentan durch die Corona-Pandemie weitgehend schon geschehen).
  • Verständnis: In dieser Hauptphase müssen Unternehmen zunächst Hintergrundwissen zu Sicherheitsthemen vermitteln, um so das Verständnis bei ihren Mitarbeitern zu steigern. Hier wird der Grundstein für das individuelle Sicherheitsverständnis gelegt, da sich die Einstellung und das Verhalten der einzelnen Mitarbeiter gegenüber Sicherheitsthemen verändert.
  • Sensibilisierung: Sensibilisierung ist ein Kernelement, in dem die Beschäftigten ihr Bewusstsein für mögliche Risiken und relevante Sicherheitsmaßnahmen schärfen und festigen. Durch ein vorhandenes Sicherheitsbewusstsein lernen die Beschäftigten, kritische Situationen entsprechend einzuschätzen.
  • Vermittlung: Sämtliche Abteilungen eines Unternehmens sollten in einer Awareness-Kampagne angesprochen werden, um sie für das Thema zu begeistern. Das Thema Reisesicherheit soll als ein unterstützender Aspekt für Reiseangelegenheiten gesehen werden, selbst wenn gegen ausgesprochene Empfehlungen gehandelt wird. Das Ziel ist es, die Beschäftigten zu motivieren, proaktiv auf den Verantwortlichen zuzugehen.

Awareness als Prävention

Awareness im Sinne der Prävention bezieht sich im Gegensatz zum Thema Präsenz auf konkrete vorbereitende Maßnahmen, die vor Beginn der Reise beachtet werden sollten, um eine mögliche Gefährdung von vornherein zu vermeiden. Geschäftsreisende können ein attraktives Ziel für Diebstahl, Betrug oder gar Entführung sein. Darum sollten Beschäftigte schon vor ihrer Reise lernen, wie sie von einem Soft Target zu einem Hard Target werden. Diese Bezeichnungen aus dem Militärbereich wurden in die Reisesicherheit übernommen. Dabei sind mit dem Begriff Soft Target Personen gemeint, die leichte Ziele für Kriminelle abgeben, da sie durch ihr Verhalten oder auch durch fehlende Schutzmaßnahmen der Gefährdung besonders schutzlos ausgeliefert sind. Demgegenüber ist ein Hard Target eine Person, die es einem Täter durch ihr Verhalten und Schutzmaßnahmen schwerer macht und damit die Gefährdung minimiert oder sogar vermeiden kann. Für den Täter spielen bei der Auswahl seiner Opfer Schutzmaßnahmen, Verfügbarkeit und Berechenbarkeit des Ziels eine wichtige Rolle.

Sind Geschäftsreisende sich der Risiken im Zielland bewusst, können sie riskante Situationen vermeiden und in Gefahrenlagen entsprechend handeln. In diesem Zusammenhang ist auch die Bedeutung des Low Profile zu sehen, wonach die Reisenden sich im Zielland möglichst unauffällig verhalten sollten.

Um ein Bewusstsein für die Sicherheit, besonders auf Geschäftsreisen, bei den Beschäftigten zu entwickeln, muss der Awareness eine besondere Aufmerksamkeit mit einem ganzheitlichen Konzept gewidmet werden. Damit ein Awareness- Konzept nachhaltig im Unternehmen implementiert werden kann, ist Expertenwissen die Erfolg bringende Komponente.

Awareness – also das Erkennen von Gefahren – ist bereits 50% der Sicherheit auf Geschäftsreisen. Die übrigen 50% sind entschlossenes Handeln, wenn die Situation es erfordert. Dieser Grundsatz hat auch dem Geschäftsmann in der U-Bahn geholfen, als er rechtzeitig die Veränderung der Atmosphäre im Wagen bemerkte und sich spontan dazu entschied auszusteigen. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter bereits vor Beginn einer Geschäftsreise auf mögliche Gefahren vorbereiten, schützen nicht nur ihre Beschäftigten auf Reisen, sondern stärken den Zusammenhalt in der Firma und minimieren die Risiken eines Reputationsschadens.

 

Autorin:

Frederike Rehn
Consultant Travel Security & Crisis Management bei der Corporate Trust GmbH

E-Mail: rehn@corporate-trust.de
Tel.: +49 89 599 88 75 80

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