Seit Anfang Mai gilt die von der Bundesregierung lange gewährte Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nicht mehr. Das heißt, nun müssen sämtliche Unternehmen innerhalb von drei Wochen Insolvenz anmelden, falls sie zahlungsunfähig oder überschuldet sind. Davon dürften vor allem Unternehmen, die unter den Einschränkungen der Corona-Pandemie und den Monaten des Lockdowns leiden, betroffen sein. Zuletzt galt die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nur noch für Unternehmen, die einen Anspruch auf finanzielle Hilfen aus den aufgelegten Corona-Hilfsprogrammen haben und deren Auszahlung noch aussteht. Doch selbst diese Einschränkung ist seit diesem Monat weggefallen.
Aussetzung bestand seit Corona-Krise
Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wurde letztes Jahr als Hilfsmaßnahme für die von der Corona-Krise getroffenen Unternehmen eingeführt. Im Laufe des Jahres wurde die Regelung jedoch mehrmals eingeschränkt: Von Februar bis April 2021 waren die Unternehmen nur noch dann von der Insolvenzantragspflicht befreit, wenn sie noch auf ausstehende Corona-Hilfen warteten. Auf eine weitere Verlängerung dieser Regelung über Ende April hinaus konnte sich die Regierungskoalition aus Union und SPD vor allem aufgrund des Widerstandes in Reihen der CDU und CSU nicht einigen.
Hilfen stehen teilweise immer noch aus
Doch bei vielen Unternehmen sind längst noch nicht alle beantragten Corona-Hilfen angekommen. Caroline von Kretschmann, Geschäftsführerin Hotel Europäischer Hof in Heidelberg, berichtete beispielsweise diese Woche im TV-Talk mit Maybrit Illner, dass ihr immer noch gut ein Drittel der Dezemberhilfen aus 2020 fehlten. Nun wächst die Sorge von Wirtschaftsverbänden vor steigenden Unternehmensinsolvenzen aufgrund zu langsamer Bewilligungsverfahren.
Schleppende Auszahlung der Hilfen könnte nun Insolvenzen verursachen
Der Mittelstand kritisiert daher die CDU und CSU für ihre Haltung zur Insolvenzantragspflicht. “Bleibt die Union bei ihrer Verweigerungshaltung, wird sie zum Totengräber von tausenden mittelständischen Unternehmen”, sagt zum Beispiel Markus Jerger, Bundesgeschäftsführer im Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW). Jerger sprach sich dafür aus, die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht um weitere sechs Monate zu verlängern. Insolvenz anmelden zu müssen, “nur weil die Auszahlungen so schleppend und bürokratisch vorangehen”, dürfe nicht zulasten der ohnehin schon geschwächten Unternehmer gehen, so Jerger. “Die Regierung muss alles dafür tun, dass die Unternehmen die vom Gesetzgeber verordnete Durststrecke überstehen und weiterhin Arbeits- und Ausbildungsplätze anbieten können”, sagte Jerger. Auch der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga reagierte entsetzt: „Es ist absolut inakzeptabel, wenn Unternehmen, die ohne Verschulden in diese Notlage geraten sind, die keine Verantwortung für die Komplexität der Antragstellung tragen und die noch immer auf die Hilfen warten, jetzt gezwungen werden, einen Insolvenzantrag stellen müssen“, kritisierte Verbandspräsident Guido Zöllick am Mittwoch.
Bisher nur wenige Firmeninsolvenzen in der Corona-Krise
Bislang wurde die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland durch die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung und die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht deutlich nach unten gedrückt. Laut aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes haben im Februar 2021 rund 1200 Unternehmen Insolvenz angemeldet. Dies waren damit 21,8 Prozent weniger als im Februar 2020, wie das Statistische Bundesamt mitteilte – obwohl im Februar 2020 die Auswirkungen der Corona-Krise noch nicht zu spüren waren und die Wirtschaft damals noch nicht von harten Einschränkungen getroffen wurde.
Neueste Zahlen des Bayerischen Landesamtes für Statistik deuten jedoch darauf hin, dass die Zahl der Insolvenzen sowohl im Privatbereich als auch bei Unternehmen nach oben geht. Im März stiegen die zusammengenommenen Insolvenzanmeldungen in Bayern um knapp 20 Prozent gegenüber dem Februar. Auch die Zahl der Unternehmenspleiten stieg im März in Bayern deutlich an, obwohl die Aussetzung der Antragspflicht hier noch teilweise galt. Ein weiteres Ansteigen der Unternehmensinsolvenzen muss also befürchtet werden.