Die von der EU Kommission geplante Steuer für Digitalunternehmen stößt auf Kritik der bayerischen Wirtschaft. Die IHK für München und Oberbayern warnt vor der sogenannten Digitalsteuer, welche die Umsätze großer Digitalkonzerne aus Geschäften mit Online-Werbung und Nutzerdaten pauschal mit drei Prozent besteuern soll. Anlass für diese Pläne sind die Steuerpraktiken der großen Digitalkonzerne wie Google und Facebook, die der EU-Kommission schon seit geraumer Zeit ein Dorn im Auge sind. Die EU kritisiert, dass diese Konzerne in Europa große Umsätze erzielen, aber kaum Unternehmenssteuern zahlen, da sie in den meisten Ländern keine besteuerbaren Firmensitze haben. Doch die Wirtschaft bezweifelt, dass eine Zusatzsteuer da geeignete Abhilfe schaffen kann.
Studie kritisiert EU-Pläne
„Die bisher auf EU-Ebene vorgestellten Pläne überzeugen nicht im Geringsten“, so Peter Kammerer, stellvertretender Hauptgeschäftsführer und Bereichsleiter Volkswirtschaft der IHK für München und Oberbayern, bei einer Pressekonferenz mit ifo-Präsident Clemens Fuest in München. Das ifo-Institut hat die Digitalsteuer im Auftrag der IHK München in einer Studie als fragwürdig bewertet.
Ifo-Chef Fuest kritisierte die „erheblichen Probleme und negativen Folgen“ der Digitalsteuer. Die Mehrbelastung der Digitalwirtschaft dürfte die digitale Entwicklung innerhalb der EU erheblich hemmen, so Fuest. Durch die Steuer könnten Unternehmen zum Beispiel dazu verleitet werden, ihre neuen Produkte und Dienstleistungen vorwiegend auf anderen Märkten einzuführen, wo keine derartige Besteuerung anfällt.
Handelskonflikt mit USA wird durch Steuer angefacht
Das wichtigste Argument gegen die Pläne ist laut ifo-Studie jedoch deren handelspolitische Wirkung. Dadurch, dass die Steuer erst ab einer Umsatzschwelle von 750 Millionen Euro weltweit anfällt (mindestens 50 Millionen davon in der EU), werden nur große Internet-Unternehmen ins Visier genommen. Etwa die Hälfte eines möglichen Steueraufkommens würden deshalb Firmen aus den USA, wie beispielsweise Google, Facebook oder Amazon einbringen: „Die USA und andere betroffene Herkunftsländer der Digitalkonzerne würden die Steuer als Zoll auffassen. Dies dürfte den Handelskonflikt mit den USA verschärfen“, gab Fuest zu bedenken. Eine Verschärfung des Handelsstreits mit den USA würde aber auch den Mittelstand hierzulande treffen – und somit die gesamte deutsche Wirtschaft.
IHK-Vize Kammerer warnte ebenfalls: „Der mit einer Digitalsteuer vom Zaun gebrochene Systemwechsel hin zu einer stärkeren Besteuerung von Umsätzen würde unseren globalen Handelspartnern eine Steilvorlage für die zusätzliche Besteuerung europäischer Güter liefern.“ Er wies darauf hin, dass die bayerische Wirtschaft mehr als 40 Prozent ihrer Exporte in Drittstaaten außerhalb der EU absetzt.
Belastung der deutschen Wirtschaft durch Digitalsteuer
Außerdem sei das zu erwartende Aufkommen durch die Steuer eher gering, so die Studie. An den deutschen Fiskus könnten durch die Digitalsteuer zwar zwischen 500 und 800 Millionen Euro fließen. Gleichzeitig wird aber auch eine Steuerbelastung der deutschen Digitalwirtschaft und ihrer großen Unternehmen in Höhe von 345 Millionen Euro erwartet. Daher sei die Steuer äußerst schwierig zu begründen, so das Fazit der Studie. Die IHK warnt auch davor, dass die neue Abgabe ein Schlag gegen den Innovationsstandort Deutschland wäre und die fortschreitende Digitalisierung bei heimischen Kernindustrien wie Auto- und Maschinenbau, Chemie- und Pharmabranche sowie im Mediensektor hemmen könnte.
Als Alternative schlagen die IHK und das ifo-Institut daher vor, die Definitionen von Betriebsstätten und des steuerlich relevanten Ortes von erzielten Gewinnen bei digitalen Geschäftsmodellen auf OECD-Ebene zu klären. Auch müssten bestehende Doppelbesteuerungsabkommen überprüft und innerhalb der EU besser koordiniert werden.
Die komplette ifo-Studie zu den ökonomischen und fiskalischen Auswirkungen der EU-Digitalsteuer ist hier abrufbar.